Vergeben, aber nicht vergessen

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Hast du schon mal bewusst jemandem einen Fehler vergeben? Hast du dir selbst schon einmal bewusst etwas verziehen? Vielleicht weißt du auch gerade gar keine Antwort auf diese Fragen. Die Sache mit der Vergebung quält die Menschheit nicht erst seitdem es den Ablasshandel der Kirche im Mittelalter gab. Auch in unserer heutigen Gesellschaft und unserem (familiären) Umfeld ist Vergebung immer noch eine Art Tabu. Ob in der Politik, die vielleicht immer noch nicht die Zeit des Kalten Krieges überwunden hat oder in einer Paarbeziehung, in der immer wieder dieselben Vorwürfe hervorgeholt werden. Die Menschen zehren von alten Verletzungen, Enttäuschungen oder gebrochenen Versprechen. Und die Emotionen, die damit verbunden sind, kommen in kritischen Situationen immer wieder an die Oberfläche.

 

ICH VERZEIHE DIR.

Wird man verletzt von einer anderen Person, gibt es zwei Szenarien. Entweder man kann die Beweggründe verstehen (sofort, oder auch erst Jahre später) oder man wird nie dahinterkommen, warum es zu der Verletzung gekommen ist. In beiden Fällen ist es möglich zur verzeihen, auch wenn letzteres nicht zu vergleichen ist mit einer Versöhnung auf Augenhöhe. Was vermutlich jede:r schon einmal beobachtet hat, ist, dass Menschen eher Fehler verzeihen, die von geliebten Menschen begangen werden. DERRIDA sagt, dieser Zusammenhang sei irrational und rührt her vom idealistischen Bild der bedingungslosen Liebe und damit des bedingungslosen Verzeihens. Was ist verzeihen also? Es ist der Verzicht auf Vergeltung. Warum verzichten wir auf Vergeltung oder Rache? Entweder gibt es kein Äquivalent zu der Tat, die das Geschehene wiedergutmachen würde. Oder das unbewusste Vergessen, das NIETZSCHE als positives Hemmungsvermögen bezeichnet, wird zum Verdrängen der Vergangenheit und quälender Erinnerungen.

ICH VERZEIHE MIR.

Man hat gelogen, man hat einen Fehler gemacht, der für das Leben eines anderen oder für das eigene negative Folgen hat. Daraus resultieren automatisch Schuldgefühle, die das Geschehene nicht ungeschehen machen und die eigene Zukunft manipulieren. Sie lähmen uns, beeinflussen unsere Beziehungen zu anderen, nehmen uns unsere Selbstachtung. Wir verlieren den Blick für unsere positiven Seiten und sind so nicht mehr in der Lage unsere Zukunft aktiv zu gestalten. Warum? Die eigene Fehlbarkeit zu akzeptieren, ist für viele Menschen keine Option. Doch was passiert, wenn wir diese Hürde überwinden? Wir zeigen echte Reue. Und Reue bedeutet, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen. Schaffen wir es diesen Zustand zu erreichen, empfinden wir auch wieder Selbstwirksamkeit. Dies wiederum, ist der einzige Weg in Zukunft erneute Fehler zu vermeiden und das Leben zum positiven hin zu wenden.

DIE EIGENE VERGANGENHEIT

Das Selbstbild und das Selbstwertgefühl, das sich entwickelt nachdem wir einen Fehler gemacht haben (egal, ob wir selbst oder die anderen etwas als Fehler empfinden), wird uns im wahrsten Sinne in die Wiege gelegt. Es ist etwas, dass wir von unseren Eltern lernen und in der Schule beigebracht bekommen. Später werden wir dann mit einer entsprechenden Fehler-Kultur in der Arbeitswelt konfrontiert. Wir können aber ausbrechen aus diesen erlernten Mustern und endlich Frieden und damit Zufriedenheit zurückerlangen. Wen soll es denn kümmern, was oder wem wir verzeihen, es ist eine vollkommen persönliche Entscheidung. Letztendlich geht es nicht darum, dass wir versuchen die Zeit zurückdrehen (was man unbewusst tut, wenn man versucht zu verdrängen), sondern darum unsere (Schuld-)Gefühle zu bearbeiten und damit proaktiv unser Leben zu gestalten und zu bestimmen. Das Thema unterdrückte Gefühle greift auch Miriam auf in ihrem Blogartikel Let´s talk emotions auf. Schon FREUD hat den Begriff der aktiven Erinnerungsarbeit benutzt. Bewusstes Durchleben, wieder und wieder, des Erlebten sorgt dafür, dass vergessen nicht zu verdrängen wird, sondern dass wir den Schmerz bewusst loslassen können. Und somit wirklich vergeben können.

Eine konkrete Anleitung in fünf Schritten, um dir selbst zu verzeihen, findest du bei Stephan Wießler. Wenn du das Gefühl hast, dass du besonders durch deine eigene Kindheit mit vielen Verletzungen und unbearbeiteten Gefühlen belastet bist, empfehle ich dir zwei Bücher: Philippa Perry Das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen (und deine Kinder werden froh sein, wenn du es gelesen hast) und Das Kind in dir muss Heimat finden von Stephanie Stahl. Und auch die Texte von Gabby Bernstein geben dir einen tieferen Einblick zum Thema Glaubenssätze und Emotionen.

Sei dir selbst die beste Freundin oder der beste Freund!

Deine Annabelle

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